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Erziehungswissenschaft vernetzt


Lehrbuch: Übersicht

Das Fundamentum Reproduktion

Meine Lehre bzw. die Theorie der arbeitsorientierten Exemplarik, die ich vertrete, setzt einen reproduktionstheoretischen und auch praktischen Standpunkt voraus. Was heißt das? Ich gehe davon aus, quasi als Axiom, dass sich jede Gesellschaft reproduzieren muss, wenn sie weiterbestehen will. Es ist dies der einfache Reproduktionsgedanke. Sie können jetzt überlegen, ob diese Auffassung tragfähig ist und einen Anspruch auf Wahrheit hat. Aus dieser Grundfigur des Denkens resultieren dann Teilfragen bzw. Teilaspekte meiner Betrachtung und meiner Lehrauffassung.

Zunächst kann die Gesellschaft nur weiter existieren, wenn die natürliche Reproduktion gesichert ist. Natürliche Reproduktion heißt, dass die Menschen Kinder zeugen. Sie können das Tutorium jetzt unterbrechen und überlegen, mit welchen aktuellen Problemlagen Industrieländer konfrontiert sind und in welchen sprachlichen Formen dabei das Erfordernis der natürlichen Reproduktion auftritt. Sie können die Reproduktionsfrage aber auch auf Schwellenländer oder Länder der Dritten Welt ausweiten, was zu anderen Problemlagen führt. Diese Überlegungen verlängern Sie dann in das Erziehungs- und Bildungswesen und werfen Fragen auf.

Welche Gesichtspunkte mich beschäftigen würden, möchte ich Ihnen kontrastierend mit Stichworten andeuten. Fragen der natürlichen Reproduktion in der Bundesrepublik Deutschland stehen immer dann im Mittelpunkt, wenn über den so genannten demographischen Wandel diskutiert wird. D.h. zunächst, die Reproduktionsquote liegt unterhalb der Sicherung des Bevölkerungsstandes. Sie schrumpft also in ihrem Gesamtbestand, weil weniger Kinder geboren werden. Sie können nunmehr die Gründe für diese Entwicklung erforschen und diese Tatsache, die kaum zu leugnen ist, in das Erziehungs- und Bildungswesen verlängern. Danach diskutieren Sie die diesbezüglichen Folgewirkungen. Fangen Sie bei den Krippen an und enden in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Schon diese einfache Betrachtung wirft viele Fragen auf.

Der Schrumpfungsprozess wird z.B. in der Bundesrepublik Deutschland nur durch Zuwanderung aufgefangen. Da die zuwandernden Menschen in aller Regel aus anderen Kulturkreisen mit abweichenden Grundauffassungen stammen, entstehen weitere Folgeprobleme: Eines davon ist das Integrationsproblem. Es beschäftigt in den Erziehungswissenschaft eine ganze Forschungsgruppe mit entsprechender Theoriebildung. Sie können jedoch auch die Verschiebung der Relation in der Bevölkerungsstruktur in den Blick nehmen. Ich überlasse es jetzt Ihrem Scharfsinn, die Folgewirkungen von Veränderungen in der natürlichen Reproduktion auch fürs Rentensystem, für die Altersstruktur der Bevölkerung, für die Arbeitsmarkt- und Berufsentwicklung, des gesellschaftlichen Bewusstseins usf. eigenständig zu durchdringen.

Neben der natürlichen Reproduktion spielt die Reproduktion der Produktionsmittel eine große Rolle für den Erhalt einer Gesellschaft. Moderne Gesellschaften leben ja nicht mehr unmittelbar aus den Ressourcen der Natur. Technische Gerätschaften, Werkzeuge und Maschinen dominieren den Produktionsprozess. Sie unterliegen jedoch einem Verschleiß und müssen im Laufe der Zeit immer wieder erneuert werden, weil ansonsten der erreichte Wohlstand gefährdet wird.

Das Ergebnis des Produzierens gipfelt ferner in einer spezifischen Güterstruktur, die zugleich eine Verteilungsstruktur ist. Wie eine solche Güterstruktur aussehen kann, lässt sich trefflich beim französischen Soziologen Pierre Bourdieu in seiner Publikation Die feinen Unterschiede nachlesen. Es geht dabei aber nicht um die Güterstruktur als solches, sondern um ihre sozialstrukturierende Wirkung. Also Stände, Klassen, Schichten, Milieus, die sich dieser Warenkörper bedienen und damit zugleich gesellschaftlichen Status organisieren. Die Kategorien Stände, Klassen, Schichten und Milieu entlehne ich dabei der sozialen Ungleichheitsforschung. Sie spielen im Bildungswesen eine wichtige Rolle dort, wo es um die Frage der Wahrung auf Chancengleichheit geht.

Damit ist jedoch noch nicht die Gesamtstruktur einer Gesellschaft markiert. Deshalb entsteht für mich die Frage, welche Reproduktionsleistung das Erziehungs- und Bildungswesens erbringt. Einen Reproduktionsauftrag, den man für das Erziehungs- und Bildungswesens annehmen darf, ist die Reproduktion des Wissens, die Weitergabe des Wissens an die nächste Generation. Aber es ist nicht das Wissen allein, welches reproduziert wird. Zugleich werden Normen, Leistungsprinzipien, Rollen, Einstellungsmuster und Verhaltensweisen reproduziert oder Zugänge zu weiteren gesellschaftlichen Einrichtungen. Es ist vornehmlich die Sozialisationstheorie, welche in diese komplexen Vorgänge Licht zu bringen versucht.

Nun sichern nicht nur die gesellschaftliche Güterproduktion sowie das Erziehungs- und Bildungswesen die Reproduktion der Gesellschaft. Allgemeiner betrachtet gelangen auch Institutionen wie Kirchen, Gewerkschaften, politische Parteien, Verbände, Interessensgemeinschaften, Organisationen etc. in das Blickfeld. Zu den Institutionen rechnen auch Einrichtungen wie das Institut der Ehe oder das Institut der Mitbestimmung. Sie sichern für ihre Klientele Verteilungsansprüche, Zugänge zu Ressourcen oder anderweitige Leistungen. Offensichtlich unterliegen diese Institutionen aber einem Veränderungsprozess, der ihre Reproduktionsfunktion in Frage stellen könnte und damit ihre gesellschaftliche Gestaltungsmacht. Eventuell entstehen auch neue Institutionen wie z.B. die Organisation ATTAC, die sich mit der gesamten Bandbreite von Problemen neoliberaler Globalisierung befasst und als Bildungsbewegung begreift.

Aber zurück zu den Veränderungsprozessen. Zunehmend ist zu beobachten, dass insbesondere die Reproduktionsfunktion von Schulen in Zweifel gezogen wird. Die Schule als Institution verliert an Legitimation, könnte man sagen. Die sogenannte Schulenhasserliteratur könnte dafür ein Beleg sein. Es gibt aber auch solide Untersuchungen wie die von Katarina Rutschki, welche die antidemokratischen und normierenden Strukturen im Schulwesen in historischer Perspektive nachweist, die die bestehenden Herrschafts- und Einflussverhältnisse stabilisiert. Aktueller ließen sich die PISA-Untersuchungen in Hinblick auf diese Funktion auswerten.

Mit Verweis auf die Verteilungswirkung der produzierten Güter hatte ich die Statusdistribuierung benannt. Mit ihr in Zusammenhang steht die Frage, ob es möglich ist, die angestammten Milieus zu verlassen. Es ist dies die Frage nach der sozialen Mobilität in einer Gesellschaft, die Teil des historischen Erbes des Liberalismus ist. Danach sollte, wer leistet, auch belohnt werden – auch mit dem gesellschaftlichen Aufstieg. Eine aktuelle Studie der OECD aus dem Jahr 2021 zeigt für die Jahre 1995 bis 2018 jedoch ein großes Risiko, aus der Mittelschicht abzusteigen. Wer in Deutschland also aus der Mittelschicht herausfällt, hat es heute deutlich schwerer, wieder „aufzusteigen“. Wendet man den Mobilitätsgedanken auf das Schulsystem an, dann geht es um Durchlässigkeiten zwischen einzelnen Schulformen. Gerade die Diskussion um die Gesamtschule Anfang der 1970er Jahre hat zu erbitterten Auseinandersetzungen geführt und sie ist bis heute nicht wirklich geklärt. Über die Möglichkeit des gesellschaftlichen Aufstiegs oder Abstiegs hinaus werden Lebensstile reproduziert, Wohnformen und schließlich auch Verkehrsformen. Soviel zur erkenntnistheoretischen Bedeutung des Denkens im Paradigma der Reproduktion für die Erziehungswissenschaft.

Nun geht es mir nicht darum, ein Tableau oder eine Taxonomie der Reproduktion zu entwerfen. Das wäre nicht der Sinn der Übung. Mein Anliegen ist vielmehr, die Augen dafür zu öffnen und zu prüfen, ob sich mit der Reproduktion eine veränderte Form von Gesellschaftsstruktur ergibt, die eine erweiterte Aufklärung, eine größere Autonomie gegenüber Zwängen, ein Mehr an Gestaltungsmöglichkeiten und zusätzliche Lebensqualität für alle sicherstellt. Es ist dies nämlich die Fragestellung, um die es mir geht: Nicht Reproduktion an sich, sondern Reproduktion wofür, für wen und Reproduktion woraufhin. Es geht also darum, das tertium zu konzipieren und damit die Dimension zu identifizieren, auf der es variiert.

Dabei entsteht das Problem, sehr dynamische Prozesse und Entwicklungen erklären zu müssen. Verändert sich eine Gesellschaft nur kaum oder nur in Randbereichen, dann sprechen die Soziologen von einer traditionalen Gesellschaft. Die modernen Industriegesellschaften sind aber allesamt weit davon entfernt, traditionale Gesellschaften zu sein. Deswegen ist der Terminus moderne Gesellschaften geprägt worden. Das zeigt sich auch in den Begrifflichkeiten, mit denen versucht wird, die historisch entstandenen Strukturen zu kennzeichnen. Als

Beleg verweise ich sie auf das Buch von John Kenneth Galbraith mit dem Titel: The new Industrial State (1967). Schon ein wenig später spricht Daniel Bell von der Post-Industrial Society (1973). Und 1997 kreiert Ulrich Beck den bezeichnenden Begriff Zweite Moderne. Erziehungswissenschaftliche Forschung und ihre Praxis steht deshalb vor der Aufgabe, diese Prozesse, diese Vorgänge als Ganzes zur Aufklärung und zur Erkenntnis bringen – und zwar in einem doppelten Sinn: als curricular organisierte Wissensstruktur und reflexiv als Erkenntnisstruktur. Das ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe.

Ich will den Reproduktionsstandpunkt noch einmal erklärend und ergänzend auf die Schule beziehen. Die erziehungswissenschaftliche Forschung bezieht sich ja, quantitativ betrachtet, auf das gesellschaftliche Handlungsfeld Schule, wenn man von der Erziehung in der Familie oder der öffentlichen Erziehung im Rahmen sozialer Arbeit einmal absieht. Einflechtend sei erläutert, dass ich von Erziehungswissenschaft spreche, wenn die Forschung bzw. das reflexive System der Wissenschaften gemeint ist und von Pädagogik, wenn es um das Schul- oder allgemein das Bildungswesen mit seinen verschiedenen Institutionen als gesellschaftliches Handlungsfeld geht.

Mittler
Struktur
Organisationsform
Erkenntnisziel

Ich hatte gesagt, eine Funktion des Bildungswesens liegt in der Wissensreproduktion. Auch hier betrachte ich nicht die Wissensreproduktion an sich, also nicht, ob das Wissen reproduziert wird. Ich frage danach, wie das Wissen reproduziert wird, d.h.

  • Welche Mittler kommen dabei zur Anwendung?
  • Welche Formgebung oder Struktur nimmt das aufbereitete Wissen an?
  • Welche Organisationsformen gelangen zum Einsatz?
  • und nun ganz wichtig; Woraufhin wird das reproduzierte Wissen den Schülerinnen und Schülern dargeboten? Zu welcher Erkenntnis sollen sie geführt werden oder gelangen, um so ihren Verstand und ihre Urteils- und Kritikfähigkeit zu schärfen?

Denn die Urteils- und Kritikfähigkeit zu entwickeln ist eines der zentralen Ziele eines demokratischen Gesellschaftssystems. Das Wissen selbst, dies lässt sich jetzt vergewissernd sagen, hat keinen Eigenwert. Der Sinn des Wissens entspringt eben einem Dritten, nämlich dem Beitrag und der Fähigkeit zur Gestaltung von Gesellschaft und der Auflösung von Abhängigkeitsverhältnissen. Die Urteils- und Kritikfähigkeit bezieht sich im Modus der Reproduktion sodann darauf, ob das aufbereitete Wissen z.B. dazu beiträgt, die Chancengleichheit zu verbessern, den Abbau sozialer Ungleichheit zu ermöglichen, soziale Mobilität zu erzeugen, um Exklusionsformen zu vermeiden oder etwa Abhängigkeitsverhältnisse aufzulösen.

Nun dürfte die Institution Bildungswesen in allen Gesellschaften hochgradig rechtlich geregelt sein. Dadurch entsteht eine weitere Sichtweise auf ihre Funktion. Zu diesem Zwecke müssen die jeweils gültigen Bildungsdokumente daraufhin analysiert werden, in welcher Weise sie die darin niedergelegten gesellschaftlichen Strukturen lediglich als status quo sichern oder darüber hinausweisen.

Bildungsgrafik der Bundeszentrale für politische Bildung, Deutschland
URL: https://www.bpb.de/fsd/bildungsgrafik2/

Für die deutsche Berufsausbildung, welche durch zwei zentrale Lernorte gekennzeichnet ist, nämlich Schule und Betrieb, sei dies für den Lernort Schule/ Berufskolleg beispielhaft gezeigt. Der diesbezügliche Verordnungstext gliedert die organisatorische Binnenstruktur des Kollegs und damit die Ausbildungsgänge nach der Wirtschaftszweigsystematik des Statistischen Bundesamtes. Die Folie zeigt Ihnen jetzt diese Systematik in englischer Sprache. Die Ausbildungsstruktur ist also in Analogie zu den vorfindlichen Branchen gegliedert und markiert damit Zugänge zum Arbeitsmarkt. Genau an diesem Punkt entstehen die Reproduktionsfragen.

Die Analogie soll sicherstellen, dass die Berufsausbildung dem Gesichtspunkt der Allokation von Arbeitskräften genügen soll. Was aber, wenn die jungen Menschen andere Vorstellungen von Arbeit und ihrer zukünftigen Lebensform haben? Was, wenn die Betriebe ihrerseits andere Vorstellungen entwickeln oder gar durch Strukturwandelprozesse erodieren. Wenn also Mismatches im Ausbildungs- und Arbeitsmarkt entstehen, kann sich die gewählte Struktur als ungeeignet zur Lösung der Reproduktion erweisen. Derartig in Dokumenten festgeschriebene Strukturen sind also zu hinterfragen und es ist eventuell nach alternativen Lösungen zu suchen. Was zu erkennen ist: Die Dokumente und die ihnen zugeordneten Handlungsinstitutionen reproduzieren eine gesellschaftlichen Struktur. Ob die in den Dokumenten abgebildete Struktur sich als relevant erweist oder eben auch nicht, darüber hat sich erziehungswissenschaftliche Forschung Gedanken zu machen.

Lassen sie mich noch einen wichtigen Aspekt formulieren. In der Wissenschaft geht es ja doch um Fragen der Erkenntnismöglichkeit und um Fragen der Wahrheit. In den Schulen ist das nicht viel anders. Lehrerinnen und Lehrer haben tagtäglich den Schülerinnen und Schülern die Welt zu erklären. Auch sie müssen ihr Vorgehen, ihr Fundamentum offenlegen. D.h. sie müssen ihre bildungstheoretische Position begründen. Ich kann mir im Augenblick kein Urteil darüber erlauben, ob denn in den Studienseminaren, also dem praktischen Teil der Ausbildung des Lehrpersonals, wenn es um die Ausarbeitung von Unterricht geht, die Referendare dieser Legitimation ihrer Unterrichtsentwürfe in der Tragweite dessen, was Wissenschaft diskutiert hat, nachkommen.

Ich ergänze nunmehr meine Ausführungen zu meinem Fundamentum mit Blick auf die in der Verfassung genannten Ziele, welche das Bildungssystem zu erreichen und sicherzustellen hat. Die Summe und der Sinn dieser Ziele heißt Bildungsauftrag. Konkret listet die Landesverfassung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen die folgenden Ziele in Artikel 7 auf:

„Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung.

Die Jugend soll erzogen werden im Geiste der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und Friedensgesinnung.“

Man kann über einzelne Punkte der textlichen Fassung streiten, sollte aber bedenken, dass dieser Text aus der Gründerzeit der Bundesrepublik Deutschland stammt. Was jedoch nicht hintergehbar ist, ist der dahinterliegende Sinn des Bildungsauftrages von Schulen. Dazu ist auszuführen, dass es in der Schule nicht darum geht, Mathematik, Deutsch, Englisch usw. als Fach an sich zu erlernen. Das ist nicht der Sinn der Verfassung und des Bildungsauftrages. Die Fächer bilden lediglich ein (historisch gewachsenes) Medium, in dem die aufgeführten Ziele sich realisieren müssen. Sollte diese Fächerstruktur sich als untauglich erweisen die Verfassungsziele zu erreichen, wäre sie zu überdenken.

Nun zeigt die empirische Forschung, dass sich in der Schule ein gewisser Positivismus breitgemacht hat. Deshalb gebe ich Ihnen einen Text mit auf den Weg, worüber nachzudenken ist. Goethe schreibt dazu einen ganz knappen Satz:

Der Deutsche soll alle Sprachen lernen, damit ihm zu Hause kein Fremder unbequem, er aber in der Fremde überall zu Hause ist.

In dieser Auffassung geht es also nicht darum, einfach die Fremdsprache zu erlernen, der Text unterlegt nämlich, dass die Sinnhaftigkeit der Fremdsprache darin besteht, und jetzt beziehe ich mich auf den Verfassungstext, die „Liebe zur Völkergemeinschaft zu realisieren“, die „Liebe zur Friedensgesinnung“ zu praktizieren und die „Achtung vor der Überzeugung des Anderen“ zur Tat werden zu lassen. Das Zitat unterlegt deshalb deutlich die bildungstheoretische Funktion der Sprache. Nur – das muss eben auch organisiert werden. Der Positivismus richtet es nicht.

Keine Frage, die Welt befindet sich im Umbruch. Führt die damit verknüpfte Reproduktion nun lediglich auf eine neue Stufe, die aber strukturell alles beim Alten belässt oder ergeben sich ernsthaft zu nennende Erweiterungen der Demokratie? Welche Rolle nehmen Schulen in diesem Prozess ein? Bewirkt die geforderte Digitalisierung mehr als nur ein paar Blech- oder Plastikkisten mehr im Schul- und Lehrerzimmer? Welche neuen Strukturen lassen sich in den allgemein- und berufsbildenden Schulen als einer spezifischen Verteilungs- und Zuteilungsstruktur denken und was hieße da Schulentwicklung? Kann sie der von der Verfassung geforderten Erziehung zur Mündigkeit genügen?

Was in diesen Zusammenhängen gedanklich zu berücksichtigen ist, damit beschäftigt sich die nächste Einheit über erziehungswissenschaftliche Denkfiguren, nämlich die gesellschaftlichen Konstitutionslogiken. Abschließend kann ich sagen, dass sich mein Erkenntnisinteresse einer Position verdankt, die Wissenschaft in politischer Verantwortung betreibt. Das ist im übrigen keine Begrifflichkeit, die von mir stammt. Es ist eine Auffassung, die Jürgen Habermas stets für sich in Anspruch genommen hat. Habermas gilt als renommierter Wissenschaftler, der der oben erwähnten Kritischen Theorie (Frankfurter Schule) zuzurechnen ist. In dieser Wissenschaftstradition bin ich selbst verankert.

Soviel für heute als Anregung und zum Nachdenken.

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… zum Weiterlesen den Beitrag KONSTITUTIONSLOGIK

Infos zum Beitrag

Dieser Beitrag wurde verfasst von Prof. Dr. Richard Huisinga.

Bild- und Quellenverweise

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